Es weihnachtet sehr in Ecuador. Allerdings grundsätzlich anders als in
Deutschland. Ehrlich gesagt fühle ich mich ein bisschen deplatziert hier. Es
ist so warm wie immer, die Sonne geht auf und unter wie im Hochsommer und ich
bin umgeben von einer Art Hochgebiergswüste. Alles nicht sonderlich
verwunderlich und keine große Überraschung aber es fühlt sich trotzdem seltsam
an.
Neben den klimatischen Unterschieden ist die Herangehensweise der
Menschen komplett verschieden. Statt ruhiger Besinnlichkeit und festlicher
Stimmung hat das ganze eher was von Party. Am letzten Schultag vor unseren
ersten Ferien, die nach vier Monaten nicht ungelegen kommen, gab es eine
spektakuläre Weihnachtsaufführung. Darsteller waren erstaunlicher Weise nicht
die Schüler, und Gott sei Dank auch nicht die Freiwilligen, sondern die Eltern.
Ihre Aufführung wäre mit deutschen Eltern wohl ein Ding der Unmöglichkeit
gewesen. Neben Klassikern wie der Weihnachtsgeschichte wurde auch Sonderbares
gezeigt. Kurz nachdem die Heiligen Drei Könige das Christkind besucht hatten,
stürmen Spiderman und Ironman die Bühne um sich ein denkwürdiges Luftschlangenduell
zu liefern. Ein Esel tanzt umgeben von einer Horde Weihnachtsmänner und
Weihnachtsfrauen. Einige Eltern führen als Geschenke verkleidet eine recht
improvisierte Choreografie auf. Andere betreten die Bühne (das Sportfeld) als
Rentner um sich dann die oberen Schichten ihrer Kleidung vom Leib zu reißen und
sich auf seltsame Weise anzutanzen. Die Kinder sind begeistert, die
Freiwilligen ziemlich verwirrt und sogar die Schulleitung wirkt ab und an etwas
verdutzt. Zum krönenden Abschluss stürmen alle auf das Feld und tanzen zu
drönender Discomusik. Besonders bei den Kleinen artet das in einer Art
Hüpfwettkampf aus.
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Eltern als Geschenke |
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Spiderman ist bereit zum Angriff |
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Sämtliche Disney-Prominenz ist vertreten |
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Auch Ironman wird den Kampf nicht scheuen |
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Weihnachtsmänner kann man nie genug haben |
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Rentner die |
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sich ihrer Kleidung entledigen |
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Eltern denen es an Kreatvität mangelt tanzen einfach so. |
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Nochmehr Rentner |
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Die Party beginnt |
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Zum Schluss noch ein Paar ernste Worte der Polizei. |
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Auch ich bin ein Geschenk |
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Familienbild: Lenin, Margarita, Uropa (wurde nie mit Namen angesprochen), Lesley, Johanna, Rocio, Opa Juan, Juanito, Oma Salome. |
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Mein Zimmer; aus Gründen der Authentizität unaufgeräumt. Dank Neuanordnung der Möbel habe ich nun erstaunlich viel Platz. Ein Fenster leider trotzdem nicht. |
Noch unter dem Einfluss dieses rauschhaften Festes geht es
zurück in meine Gastfamilie, in der man das relative Gegenteil davon erleben kann.
Es gibt keine Weihnachtsdekoration und auch sonst nicht viel dass auf
das nahende katholische Großereigniss hindeuten würde. Man könnte erwarten,
dass in einem Land wie Ecuador, welches laut Statistiken fast ausschließlich
von Katholiken bewohnt wird, etwas mehr religiöser Pathos mitschwingt.
Besonders bei meiner Gastfamilie schwingt aber in der vorweihnachtlichen Zeit
garnichts mit. Es ist klar, dass keine Geschenke ausgetauscht werden und an
Weihnachten die Hälfte der Familie nicht anwesend sein kann, da gearbeitet
werden muss. Einen Totalausfall gibt es
trotzdem nicht. Wir feiern heute (22.), da der Uropa zu Besuch ist.
Wahrscheinlich ist er nicht älter als 65 und vielleicht gibt es auch noch einen
Ururopa oder eine Ururoma. Der Abstand zwischen den Generationen fällt deutlich
kürzer aus als in Deutschland. Mit 20 ist Frau oft schon Mutter. Ich bin mir
nicht sicher ob ich irgendwas zu Weihnachten kaufen soll. Im Gegensatz zum Rest
der Familie hätte ich natürlich die finanziellen Mittel aber die Vorstellung
den reichen Europäer zu spielen, der den Kindern Spielzeug gibt wenn die Eltern
es nicht können, ist mir äußerst unangenehm.
Für mich wird die Bescherung trotzdem nicht ausbleiben. Bald muss das
Paket aus Deutschland eintrudeln. Leider haben wir seit einigen Tagen kein
Internet mehr, weshalb ich nicht überprüfen kann ob mir meine Organisation eine
Mail mit entsprechendem Inhalt geschickt hat. Da wir keine richtige Adresse
haben können wir auch keine Post erhalten, sodass alles an die Organisation, die
den Freiwilligendienst plant, geschickt werden muss und ich es von da abholen
muss. Für den Fall, dass mich das Päkchen nicht rechtzeitig erreicht habe ich
mir schon selbst ein paar Geschenke gekauft. Der aufmerksame Blogleser hat
vielleicht bemerkt, dass ich jetzt ein "ß" benutzen kann. Grund ist
dass ich Pauls Laptop gekauft habe. Weitere Selbstgeschenke sind neue Schuhe
(6,50$), Fifa 14 und 5 Filme (zusammen 10$). Bald werde ich mir auch noch meine
knapp 2 Monate lang verschollene Festplatte zurückholen, deren Ort ich nun
kenne. Dann hab ich genug Filme und Musik um eventuell aufkommende Langeweile
im Keim zu ersticken.
Da ja jetzt Ferien sind ist eigentlich auch Reisezeit aber bis kurz nach
Weihnachten werde ich anstandshalber noch warten. Dann wird die Ruta del Sol in
Angriff genommen. Die Küstenstraße führt etwa von Esmeraldas im Norden nach (da
ich kein Internet habe kann ich es nicht genau nachgucken) Salinas, relativ im
Süden. Leider muss ich schon am 2.1. wieder arbeiten, weshalb die ganze Strecke
nicht machbar sein wird. Außerdem wird das die erste größere Reise die ich
exclusiv mit Deutschen unternehme. So wie es aussieht machen Antonia, Daniel
und Manu mit. Eine recht kleine Gruppe, was ja auch seine Vorteile hat. Nach
diesen Ferien muss garnicht lange gearbeitet werden und es gibt wieder
Freizeit. Die zweiten und damit auch schon letzen Schulferien vor den
Sommererien beginnen Ende Januar und dauern bis etwa Mitte Februar. Auch dafür
wurde und wird schon kräftig geplant. Ziel ist Kolumbien. Große Reise, daher
noch kleinere Gruppe. Ich werde wohl mit Daniel und Manu durch das nördliche
Nachbarland gurken. Ob die Flüge schon gebucht sind kann ich nicht genau sagen,
da ich ja momentan kommunikativ etwas beschnitten bin. Es soll wohl erst nach
Bogota und dann weiter an die Karibikküste gehen. Mit Sicherheit ein spaßiger
Trip.
Estmal aber ein bisschen Weihnachten und dann Sylvester unter Palmen.
Hochgeladen wird dieser Artikel sobald es mir möglich ist. Ich wünsche
euch ein frohes deutsches Weihnachtsfest, dass ich dem ecuatorianischen ehrlich
gesagt vorziehen würde und einen fröhlichen Rutsch ins neue Jahr!
Kleiner Nachtrag vom 24. Da das Internet daheim weiter vermisst wird, sitzte ich in einem Internetcafe um euch meine Weihnachtswünsche doch übermitteln zu können. Morgen gehts an den Strand, mittlerweile weiss ich mit Sicherheit, dass zumindest die Flüge nach Bogota und zurück gebucht sind. Mein Kolumbienurlaub steht damit fest. Mehr gibts garnicht zu sagen. Ich melde mich im neuen Jahr wieder.
Schöne Feiertage!
Euer Friedl